Wie soll eine Gesellschaft mit den Verbrechen umgehen, wenn sie einmal geschehen sind? Am besten darüber schweigen und sich auf die Zukunft konzentrieren, weil man es ja doch nicht ungeschehen machen kann? Historiker dicke Bücher schrieben lassen (die dann meistens auch nur von anderen Wissenschaftlern gelesen werden)? Oder mit Filmen, in Zeitschriften, Blogs und Schulbüchern die Geschichten über das Geschehene immer auf's Neue erzählen? Was bringt das?
8.3 Die Arbeit der Shoah Foundation – gegen Völkermord weltweit
1. Die Gründung der Shoah Foundation
Kennst du den Film "Schindlers Liste" von Steven Spielberg? Für mich ein beeindruckendes Meisterwerk. Der Film zeigt das Leiden der Juden in den Ghettos und Konzentrationslagern das Nazis und zugleich die Hoffnung auf Rettung durch einen mutigen Mann zeigt. Die Produktion des Films führte dazu, dass das jüdische Leben und Leiden sehr stark in das Bewusstsein der Öffentlichkeit drang – Millionen Menschen weltweit sahen den Film und sprachen über den Holocaust. Und viele Überlebende des Holocaust wollten nun auch über ihr Leben sprechen und diese Berichte für die Nachwelt erhalten. Das war die Geburtsstunde der Shoah Foundation. Sie wurde von Steven Spielberg gegründet und ist gemeinnützig. Ihr Ziel war es, so viele Überlebende wie möglich zu interviewen und damit ein einmaliges filmisches Massengedächtnis zu schaffen.
Galerie: Oskar Schindler
2. "Macht Filme! Soviel ihr könnt!" - die Arbeit der Shoah Foundation
Zugang zum Archiv der Shoah-Foundation findest du hier. Die Seite ist auf Englisch. Sie bietet einen Überblick über die Völkermorde und Massaker, mit denen sich die Stiftung bisher befasst. Wenn du willst, kannst du dich nach einer kostenlosen Registrierung auch im Archiv der Stiftung umsehen. Dort findest du die Abertausend Interviews mit Überlebenden der Völkermorde und Massaker des 20. Jahrhunderts, die die Stiftung gesammelt hat.
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Leben KZ-Überlebende als Hologramme weiter?
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Leben KZ-Überlebende als Hologramme weiter?
Einen Link zu einem interessanten Projekt der Stiftung findest du hier. In diesem Projekt werden Zeitzeugeninterviews als 3D-Hologramme sichtbar gemacht und bleiben so auch für die Zeit nach dem Tod des Zeitzeugen erleb- und erfahrbar.
3. Ist die Arbeit der Shoah Foundation ein Erfolg? Wie kann man das beurteilen?
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Was ist ein kollektives Gedächtnis?
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Was ist ein kollektives Gedächtnis?
Ein Kollektiv bezeichnet eine Gruppe von Menschen. Diese können gemeinsame Eigenschaften haben. Dazu zählt auch, dass sie gemeinsame Erinnerungen haben können. Oftmals haben sie bestimmte Ereignisse alle erlebt und erinnern sich daran. Diese Erinnerungen können aber bei jedem anders sein, weil Menschen bestimmte Perspektiven oder etwas an unterschiedlichen Orten oder mit anderen Menschen erlebt haben.
Medien spielen bei der Bildung einer gleichen Erinnerung vieler Menschen eine große Rolle, zum Beispiel, wenn viele Menschen den Bericht über ein Ereignis in derselben Nachrichtensendung gesehen haben. Diese gleichen Erinnerungen sind sehr wichtig für die Bildung und den Zusammenhalt von Gruppen.
Viele Menschen können sich beispielsweise heute in ähnlicher vWeise an den Fall der Mauer im Jahr 1989 erinnern.
An bestimmte Ereignisse, wie etwa Kriege, Regierungswechsel, schwere Wirtschaftskrisen, Naturkatastrophen usw. erinnern sich auch fast alle Menschen eines Landes. Solche nationalen Erinnerungen drücken Menschen dann auch aus, indem sie Denkmäler errichten oder Feiertage begehen.
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Was ist ein kulturelles Gedächtnis?
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Was ist ein kulturelles Gedächtnis?
Das kulturelle Gedächtnis enthält alle Traditionen, die für Menschen sehr wichtig sind. Sie werden von alten an junge Menschen weitergegeben. Es handelt sich bei diesen Traditionen oftmals um Geschichten, die beeinflussen, wie wir die Zeit einteilen, wie wir uns eine gute Gesellschaft vorstellen oder wie wir die Natur verstehen. Solche Traditionen werden oft in Büchern weitergegeben, die viele Menschen für sehr wichtig halten. Das sind z.B. religiöse Bücher wie die Bibel oder der Koran.
Als kommunikatives Gedächtnis bezeichnen die deutschen Kulturwissenschaftler Jan Assmann und Aleida Assmann die mündliche Weitergabe von persönlichen Erfahrungen. Kommunikatives Gedächtnis und kulturelles Gedächtnis bilden zusammen das kollektive Gedächtnis. Dabei ist das kommunikative Gedächtnis auf die mündliche Überlieferung der vorangegangenen 3 Generationen begrenzt, nach Assmann auf rund 80 Jahre. Das Gedächtnis vergeht mit seinen Trägern. Das kommunikative Gedächtnis ist alltagsnah und gruppengebunden. Die mündlichen Erzählungen sind flüchtig und veränderbar, zeichnen sich aber andererseits durch eine starke Lebendigkeit aus.
Gegenüber dem kulturellen zeichnet sich das kommunikative Gedächtnis durch ein geringes Maß an Formalität und Geformtheit aus.
Als kulturelles Gedächtnis bezeichnen die deutschen Kulturwissenschaftler Aleida Assmann und Jan Assmann „die Tradition in uns, die über Generationen, in jahrhunderte-, ja teilweise jahrtausendelanger Wiederholung gehärteten Texte, Bilder und Riten, die unser Zeit- und Geschichtsbewusstsein, unser Selbst- und Weltbild prägen.“
Kommunikatives Gedächtnis und kulturelles Gedächtnis sind die beiden Bestandteile des kollektiven Gedächtnisses. Das kommunikative Gedächtnis ist auf die mündliche Überlieferung der vorangegangenen drei Generationen begrenzt, nach Assmann auf rund 80 Jahre. Es ist alltagsnah und gruppengebunden.
Das kulturelle Gedächtnis hingegen umfasst den archäologischen und schriftlichen Nachlass der Menschheit. Es bezieht sich auf eine mythische Urzeit. Weitergegeben wird es mündlich, schriftlich, normativ und narrativ. Gegenüber dem kommunikativen Gedächtnis zeichnet es sich durch ein gesteigertes Maß an Formalität und Geformtheit aus. Zentrale Begriffe des kulturellen Gedächtnisses sind Tradition und Wiederholung. In oralen Gesellschaften wird das kulturelle Gedächtnis von Gedächtnisexperten weitergegeben, es manifestiert sich in Gedenktagen und religiösen Festen.