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5.2 Ankunft der Vertriebenen in Hessen

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Urheber: Foto: Prof. Arntz

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_B_145_Bild-F000065-3118,_Durchgangslager_Gie%C3%9Fen.jpg?uselang=de

Cc3BYSA

Ein Foto aus dem Durchgangslager Gießen im Jahr 1950. Zu sehen sind hier allerdings keine Heimatvertriebenen, sondern Flüchtlinge aus der sowjetischen Besatzungszone.

5.2 Ankunft der Vertriebenen in Hessen

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721.000 Heimatvertriebene kommen in den Jahren 1945/46 in Hessen an. Sie flohen aus den zuvor durch die Wehrmacht besetzten Gebieten Osteuropas sowie aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Wie es dazu kam, dass sie vertrieben wurden - darüber hast du dich bereits in den vergangenen Kapiteln informiert. Nun soll es darum gehen, wie sie ihre Ankunft in Hessen erlebten und welche Auswirkungen das mit sich zog. Wo kamen die Menschen an und wie wurde ihre Unterbringung organisiert?

1. Erinnerung: Wieviele und woher?

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Unter den nach Hessen gekommenen Vertriebenen, waren die Sudetendeutschen die größte Gruppe. Über diesen Link findest du eine Karte, die zeigt, wie sich die vertriebenen Sudetendeutschen in Deutschland und den Nachbarländern verteilten.

Statistische Daten zum Vertriebenen-Zuzug nach Hessen

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Herkunft Transporte Aufnahmeorte

Infolge der Beschlüsse der Potsdamer Konferenz bis 1949 nach Hessen 'planmäßig' ausgesiedelte Menschen und deren Herkünfte

Herkunftsland der in Hessen aufgenommenen DeutschenPersonenenzahl% der ausgesiedelten Menschen
Tschechoslowakei396.34860,8
Polen198.77530,5
Ungarn27.4124,2
Österreich6.7751,1
Rumänien4.1710,7
andere Länder18.8172,9
Gesamtzahl der Vertriebenen am 1.6.1949652.298100

Anzahl der Flüchtlingstransporte nach Hessen 1946-1949

Jahr der AnkunftZahl der TransportePersonenzahl
1946374397.186
1947163.924
1948131.496
19496439
Gesamtzahl409403.045

Aufnahme der Flüchtlinge in den hessischen Regierungsbezirken bis Ende 1946

Regierungsbezirkbis Dezember 1946 aufgenommene Vertriebene
Wiesbaden, davon in153.779
Wetzlar 20.126
Wiesbaden 3.636
Gelnhausen 12.853
Kassel, davon in120.812
Marburg 10.972
Fulda 15.024
Hofgeismar 10.919
Darmstadt, davon in127.265
Gießen 22.508
Büdingen 15.326
Groß-Gerau 12.884

Rolf Messerschmidt, Aufnahme und Integration der Vertriebenen und Flüchtlinge in Hessen 1945-1950. Zur Geschichte der hessischen Flüchtlingsverwaltung (= Forschungen zur Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen in Hessen nach 1945, Bd. 4, hg. vom Hess. Hauptstaatsarchiv und der Hist. Kommission für Nassau), Wiesbaden 1994, S. 333 (Tabelle 1), S. 332 (Tabelle 2), S. 331 (Tabelle 3).

Herkunft Transporte Aufnahmeorte
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Aufgabe

  1. Recherchiere selbstständig die Einwohnerzahl Hessens im Jahr 1945.
  2. Berechne den Anteil, den die ca. 700.000 neuankommenden Vertriebenen an der hessischen Gesamtbevölkerung ausmachten in Prozent.

2. Wie kommen die Menschen an?

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§ PD

Diese Quelle aus dem Januar 1946 verdeutlicht den von der hessischen Regierung geplanten Ablauf der Ankunft und Aufnahme der Flüchtlinge.

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Aufgabe

Wer tut was und wie funktioniert es?

Lies dir die Anweisungen aufmerksam durch. Ordne anschließend die für den Ablauf der Aufnahme erwähnten Begriffe den jeweiligen Orten zu.

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§

Urheber: Bundesarchiv, B 145 Bild-F000065-3041 / Arntz, Prof. / CC BY-SA 3.0 DE

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_B_145_Bild-F000065-3041,_Durchgangslager_Gie%C3%9Fen.jpg

Cc3BYSA

In den Durchgangslagern wurden viele Heimatvertriebene, die nicht sofort bei Familien in deren Häusern eingesiedelt werden konnten vorübergehend untergebracht. Die Durchgangslager bestanden oft aus schnell aufgebauten Blechhütten ("Baracken"), die nur das zum Leben nötigste an Versorgung bieten konnten. Eines der zentralen Durchgangslager in Hessen befand sich in Gießen. Um das Leben und den Tagesablauf im Lager zu regeln, gab es eine Lagerordnung. Lies sie dir aufmerksam durch und beantworte anschließend das Quiz.

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3. Wie werden die Menschen aufgenommen?

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Neuankömmlinge haben es immer schwer. Aber Neuankömmlinge in einem kriegszerstörten, krisengeschüttelten Land haben es besonders schwer. Für die meisten Hessen waren die eintreffenden Vertriebenen nicht etwa hilfsbedürftige Landsleute, die der Krieg noch härter getroffen hatte, sondern einfach ein weiteres Problem (und sie hatten bereits genug Probleme). Dementsprechend kühl viel die Begrüßung der Neuankömmlinge durch die Alteingesessenen aus.

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Darstellung

Die Ankunft der ersten Vertriebenen in Hessen

Die aus ihrer Heimat vertriebenen Flüchtlinge wurden von den nicht vertriebenen Bewohnern in den Städten und Dörfern Hessens keineswegs überall mit großer Freude oder Hilfsbereitschaft empfangen:

„'Mir wolle hier koa Flichtling!' Das schleuderte eine robuste Biebesheimerin Marie Jokisch und ihrem Sohn Josef entgegen. Die beiden waren in eine Wohnung eingewiesen worden, nachdem sie aus ihrer Heimat im mährischen Sternberg vertrieben worden waren. Später kamen drei weitere Kinder dazu, die inzwischen die Masern auskuriert hatten. Einer der Brüder war der heute 83 Jahre alte Edgar Jokisch (Biebesheim). Er erinnert sich, dass sich das Verhältnis dann aber wesentlich gebessert habe. Hatte der Kreis Groß-Gerau 1939 noch 91.585 Einwohner, ergab die Volkszählung im Oktober 1946 bereits 110.681 Personen. Darunter waren 20.859 Zugezogene, also Evakuierte, Flüchtlinge und Vertriebene, unter ihnen auch Familie Jokisch. Der damals neunjährige Edgar erinnert sich an den ersten Tag in der Schule: 'Wir Vertriebenenkinder wurden auf dem Heimweg erst mal verdroschen. Das hat sich aber gelegt, zumal ich dann auch nicht zaghaft beim Austeilen war.'“

Hans Josef Becker, Das Elend kommt - die ersten Flüchtlinge sind da! Heimatvertriebene aus dem Sudentenland erreichen vor 75 Jahren den Kreis Groß-Gerau, in: Deutsche Umschau. Zeitung für gesamtdeutsche und europäische Politik 1/2021, S. 14-15, hier S. 14.

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Darstellung

Heimatvertriebenen schlägt Ablehnung entgegen – Bürgermeister setzt sich für deren Recht ein

Der Bürgermeister der Gemeinde Stockstadt Wilhelm Laut im November 1948 an einen Hausbesitzer über den Umgang mit "Neubürgern":

„Es ist mir erneut Anzeige erstattet worden, derzufolge Sie die Familie Maruske weiterhin mit allen möglichen Schimpfnamen beleidigten. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass die Neubürger die gleichen Rechte und Pflichten besitzen wie die Altbürger. Niemals werde ich dulden, dass diesen Menschen ihre Ehre angegriffen wird. Werden Sie nicht mit sofortiger Wirkung ein anderes Benehmen gegenüber der Familie Maruske an den Tag legen, so werde ich mich verpflichtet fühlen, einen Wohnungstausch innerhalb Ihres Hauses vorzunehmen, demzufolge Familie Maruske in Ihre Wohnung und Sie in die Wohnung von Familie Maruske eingewiesen werden, mit denselben Einschränkungen, wie sie zur Zeit Familie Maruske hat. Ich nehme an, dass dieser letzte Hinweis genügen wird und künftighin keine Klagen mehr entstehen.“

Zit. nach: Hans Josef Becker, Das Elend kommt - die ersten Flüchtlinge sind da! Heimatvertriebene aus dem Sudentenland erreichen vor 75 Jahren den Kreis Groß-Gerau, in: Deutsche Umschau. Zeitung für gesamtdeutsche und europäische Politik 1/2021, S. 14-15, hier S. 15. 

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Aufgabe

Beschreibe die Haltung der hessischen Bevölkerung gegenüber den Vertriebenen, die in den Darstellungen oben zum Ausdruck kommt, in eigenen Worten.

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Ein Dorf schweigt (Spielfilm) from Wocomo on Vimeo.

Trailer des Films "Ein Dorf schweigt" (2009, Regie: Martin Enlen)
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Ein Dorf schweigt (Spielfilm)
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Trailer / Szenen aus "Ein Dorf schweigt" (2009, Regie: Martin Enlen)
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Aufgabe

Flucht und Vertreibung im Film

Schaue Dir den Filmausschnitt an. Beantworte im Anschluss die folgenden Fragen:

  1. Erläutere den Ablauf der Verteilung der Vertriebenen im Dorf.
  2. Arbeite heraus, wie das Verhältnis der "Einheimischen" zu den Flüchtlingen war. Nenne dabei Beispiele aus dem Trailer.
  3. Erkläre die Szene von Minute 3:00 - 3:40. Was passiert und wie beurteilen das die Personen in dieser Szene? 
  4. Bewerte die Aussage "Aber dieses Mal die Richtigen." Was meint der Pfarrer damit und warum sieht er das so?
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Aufgabe

Was wäre dir wichtig? Auf was könntest Du verzichten?

Mache dir Gedanken über deinen heutigen Alltag. Stell dir vor, du hättest jemanden, der dir bislang noch fremd ist, den ganzen Tag (also: 24 Stunden) bei dir und müsstest mit ihm verabreden, was ihr teilt und bei was sich der eine nach dem anderen richtet.
Erstelle dann ein "Ranking" - auf Platz 1 steht etwas, bei dem du auf keinen Fall nachgeben könntest; auf Platz 8 etwas, worauf du ohne Probleme verzichten könntest. Die übrigen Begriffe ordnest du nach Wichtigkeit ein.
Achtung: Es stehen 10 Dinge zur Auswahl - auf zwei müsstest Du also komplett verzichten.

4. Hilfe für die Vertriebenen

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Die wichtigste Hilfe für Vertriebene war sicherlich die Aufnahme der Menschen in die Häuser und Höfe derer, die schon vorher dort lebten. Darüber hinaus gab es jedoch weitere Maßnahmen, um den Vertriebenen zu helfen, die oft nur mit einem Koffer oder komplett ohne Besitz ankamen, da (fast) alles, was sie zuvor besaßen, von der vorrückenden Armee der Sowjetunion beschlagnahmt wurde oder sie einfach keine Möglichkeit hatten, auf der Flucht etwas mitzunehmen.

Außerdem wurden aber noch weitere Formen der Hilfe organisiert. Bei diesen weiteren Hilfen kann man unterscheiden zwischen 

  1. Durch den Staat organisierte Geldleistungen, 
  2. Durch Privatleute bereitgestellte Gegenstände (deren Verteilung bei größeren Mengen dann auch der Staat übernahm) und 
  3. Durch Kirchen und Verbände

In der folgenden Bildergalerie findest du Originalquellen aus Archiven darüber.

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§ PD

Quelle: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW), 503/133b

§ PD

Quelle: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW), 503/139b

§ PD

Quelle: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW), 503/134a

§ PD

Quelle: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW), 503/134a

§ PD

Quelle: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW), 503/139b

§ PD

Quelle: Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HHStAW), 503/139b

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Aufgabe

Arbeiten wie die Historiker: Schaue dir die Schriftstücke an und versuche herauszufinden, worum es jeweils geht!

TIPP: Dafür ist es nicht unbedingt notwendig, alles zu lesen (das ist manchmal nur schwer möglich, weil die Qualität schwach ist oder Handschriften unleserlich sind). Versuche eher, ein Wort oder einen Satz zu finden, der die Art der Hilfsleistung am besten beschreibt.
Schreibe das Wort anschließend auf und notiere kurz:

  • ... von wem die Hilfe bereit gestellt wurde
  • ... um welche Form der Hilfe es geht
  • ... welches Problem damit möglicherweise bekämpft wurde

Zusammenfassung: Ankunft der Vertriebenen in Hessen

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