7.2 Die Aufgaben des BdV und der Vertriebenenverbände in der Gegenwart

Europa ist geeinigt, die Oder-Neiße Grenze akzeptiert, die Heimatvertriebenen leben seit über 70 Jahren in der BRD (bzw. DDR), haben an neuen Orten neue Leben begonnen und geführt, sind wie jeder gebürtige Hesse oder Sachse Teil der bundesrepublikanischen Gesellschaft. Was gibt es da für einen Vertriebenenverband eigentlich noch zu tun? Der BdV von 2022 ist nicht identisch mit dem BvD von 1951. Manche Ziele und Aufgaben sind verschwunden, andere sind hinzugekommen, einige sind geblieben.

Grob beschrieben besteht der BdV auf der einen Seite aus den einzelnen Landesverbänden in den heutigen Bundesländern und auf der anderen Seite aus den Landsmannschaften aus den Herkunftsregionen der Vertriebenen. Ganz oben stehen die Bundesversammlung und der Präsident des Vereins. Außerdem gibt es noch Bezirks- und Kreisverbände sowie Ortsgruppen, in denen man sich vor Ort selbst engagieren kann.

Heute sieht der Bund der Vertriebenen vor allem drei zentrale Aufgaben im Zentrum seiner Arbeit:

• Bewahrung kultureller Traditionen
  Das gesamte Kulturgut der Deutschen im Ausland soll als europäisches Erbe bewahrt werden.
• Unterstützung deutscher Minderheiten und Volksgruppen im Ausland
  Kontakt halten zu den Deutschen, die noch in ihren jeweiligen Heimatgebieten leben. 
• Soziale Beratung und Betreuung der Spätaussiedler
  Rasche Eingliederung der Spätaussiedler aus Russland in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben Deutschlands.

Der BdV ist an keine Religion und Partei gebunden, engagiert sich aber sowohl kulturell als auch politisch. In Alljahresgesprächen mit den Parteien CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/die Grünen setzen sich die Mitglieder für politische Rechte und Entschädigungen ein. Außerdem gibt es Verhandlungen mit den Politikern der südost- bzw. osteuropäischen Länder, in denen heute noch deutsche Minderheiten leben. Dort kämpft der Verein ebenfalls für Entschädigungen und Rechte für die Menschen vor Ort. Trotzdem ist der BdV in erster Linie ein Interessensverband, der sich kulturell engagiert.

Recht auf Heimat
Seit seiner Gründung fordert der Bund der Vertriebenen, die Verwurzelung von Menschen in den Gebieten, in denen sie geboren wurden und leben, ernst zu nehmen und zu achten. Menschen werden von Landschaften, Klimabedingungen und z.T. jahrhundertelangen Traditionen geprägt. Heimatliche Gefühle sind sehr stark. Sie geben uns Rückhalt und Sicherheit. Sie schaffen die Grundlage dafür, die Herausforderungen des Lebens bestehen zu können. Bis heute kämpfen Heimatvertriebene darum, dass Menschen nicht von ihrer Heimat getrennt werden dürfen. Um die Anerkennung des Rechts auf Heimat als ein in Verträgen und Verfassungen verankertes Menschenrecht wird allerdings bis heute gekämpft.
Zu heimatlichen Bindungen gehört auch die Musik. Die Landsmannschaft Schlesien hat daher mit daran gearbeitet, die Schlesischen Musikfeste wieder ins Leben zu rufen. Diese hatten eine bis zum Jahr 1830 zurückreichende Tradition, konnten aber lange Zeit nicht stattfinden und wurden nun im Jahr 2022 neu ins Leben gerufen. Viele weitere kulturelle und kulturpolitische Initiativen des BdV werden durch die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen gefördert.

Vertreibungsverbot
Der BdV kämpft zudem für ein durch nationales und internationales Recht verankerte Ächtung der Vertreibung von Menschen aus ihren Lebensräumen. Dazu gehört auch, dass ihnen ihr Besitz und die sonstigen Rechte nicht genommen werden dürfen. In Notsituationen, wie etwa bei dem Krieg in der Ukraine, der 2022 durch den Überfall Russlands begann, setzt sich der BdV auch für Sonderregelungen für die Übersiedelung von deutschen Spätaussiedlern aus der Ukraine ein. Das Zentrum gegen Vertreibung in Wiesbaden engagiert sich besonders, um Vertreibung und Genozid grundsätzlich als Mittel von Politik zu ächten.

Schutz von Minderheitenrechten
Der Schutz von Minderheiten in Nationalstaaten, die andere Bevölkerungsmehrheiten haben oder aus mehreren großen Bevölkerungsgruppen bestehen, ist ebenfalls ein wichtiges Anliegen des BdV. Gerade setzt er sich zum Beispiel für die ungekürzte Aufrechterhaltung des Deutschunterrichts in Polen ein und wird dabei auch von staatlichen Stellen unterstützt.

Engagement für den Frieden
Konsequent setzt sich der BdV immer wieder für den Frieden und das Beenden von Kriegen ein. Dabei bemüht sich der BdV um offene Gesprächskanäle, auch zwischen politisch Handelnden.

Soziale Versorgung von Spätaussiedlern und Flüchtlingen in der Gegenwart
Viele Menschen, die als Spätaussiedler nach Deutschland kommen, befinden sich oftmals in schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Situationen. Gerade ältere Menschen bekommen in Deutschland keine Renten, von denen sie leben können. Hier startet der BdV immer wieder Initiativen, um die soziale Absicherung dieser Menschen zu verbessern.

Migrationsberatung
Der BdV übernimmt auch Aufgaben im Bereich der Migrationsberatung. Dabei geht es zum Beispiel um Voraussetzungen, nach Deutschland kommen zu dürfen, um Unterstützung bei der Klärung von Rechtsfragen und um die Vermittlung von Hilfen für die Integration, usw.. In Hessen gibt es in der Stadt Wiesbaden eine Migrationsberatungsstelle des BdV. Auch die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e. V. (LMDR) bietet an zwei Standorten solche Beratungen an.