Nachdem Bosnien und Herzegowina 1992 seine Unabhängigkeit erklärte, konkurrierten die Ethnien und ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken um das diverse Land. Im Zuge 'ethnischer Säuberung' wurde rund die Hälfe der bosnischen Bevölkerung aus ihrer Heimat vertrieben. Die Anfeindung von Menschen aufgrund ihrer Religion, Kultur oder Herkunft führte in Srebrenica zum Genozid an den muslimischen Bosniaken. Aber was genau ist ein Ethnie? Und warum spielten diese während des Bosnienkrieges eine so entscheidende Rolle?
8.1 “Ethnische Säuberungen” während der Balkankriege in den 1990er Jahren
1. Die Entstehung Jugoslawiens
Darstellung
Warum mit Jugoslawien beschäftigen?
Darstellung
Warum mit Jugoslawien beschäftigen?
Mit dem Zerfall des Ostblocks ab 1989 ging die Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden in Europa einher. Die Ausgrenzung, Vertreibung und Ermordung von Menschen aufgrund ihrer Religion, Kultur oder Herkunft sollten der Vergangenheit angehören. Doch auf dem Balkan rumorte es! Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten sich die südslawischen Völker in dem Vielvölkerstaat Jugoslawien zusammen geschlossen.
Jedoch nahmen ethnische und religiöse Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen ab den 1980er Jahren zu. Gleichzeitig wurden die Forderungen nach Unabhängigkeit in den Teilrepubliken lauter. Nationalismus und die Abgrenzung der verschiedenen Ethnien ersetzten den Glauben an einen gemeinsamen Staat. Die Spannungen wurden so stark, dass keine Kompromisse mehr gefunden werden konnten. Eine gemeinsame Zukunft innerhalb eines Staates schien nicht mehr möglich. Mit den Unabhängigkeitserklärungen von Slowenien und Kroatien im Sommer 1991 brachen auf dem Balkan Kriege aus. Um zu verstehen was in den 1990er Jahren in Bosnien und Herzegowina passierte, müssen wir uns mit diesem gemeinsamen Staat Jugoslawien beschäftigen.
Darstellung
Ein Staat der Serben, Kroaten und Slowenen
Darstellung
Ein Staat der Serben, Kroaten und Slowenen
Im 19. Jahrhundert entstand erstmals die Idee eines gemeinsamen südslawischen Staates. Jedoch befanden sich viele Südslawen unter der Kontrolle der Habsburger Monarchie (siehe Kapitel 1.6). Das Streben nach nationaler Unabhängigkeit gipfelte am 28. Juni 1914 im Attentat auf den habsburgischen Thronfolger Franz Ferdinand und seiner Frau durch den bosnisch-serbischen Nationalisten Gavrilo Princip.
Infolge des ersten Weltkrieges wurde Österreich-Ungarn aufgeteilt. Der erste gemeinsame Staat von Serben, Kroaten und Slowenen entstand und der serbische König Peter I. Karađorđević wurde zu dessen ersten König ernannt. In den Folgejahren kam es jedoch zu Unruhen, weswegen sein Nachfolger eine neue Verfassung erließ und den Staat in Königreich Jugoslawien umbenannte. Dieses Königreich wurde am 6. April 1941 von Nazideutschland angegriffen und musste wenig später kapitulieren. Es folgte eine brutale Besatzungszeit der nationalsozialistischen Truppen.
Daraufhin entstanden auf Teilen des Staatsgebietes kollaborierende Staaten, wie das Ustascha-Regime auf dem Gebiet Kroatiens. Andere organisierten sich in Widerstandsgruppen wie den Partisanen unter Josip Broz Tito und kämpften gegen die deutschen Besatzer und Kollaborateure. Trotz faschistischer Greuel- und Vergeltungstaten und wenig Unterstützung durch die Alliierten und der Sowjetunion konnte sich Jugoslawien befreien. Am 29. November 1945 wurde die Volksrepublik Jugoslawien ausgerufen, mit Tito als erstem Ministerpräsident.
Jugoslawien von 1945 bis 1990
Aufgabe
- Nenne 3 ethnische Bevölkerungsgruppen des ehemaligen Jugoslawiens. Mit welchen Teilrepubliken wurden diese assoziiert?
- Was unterschied Jugoslawien in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts von anderen europäischen Staaten?
Darstellung
Tito und Jugoslawien
Darstellung
Tito und Jugoslawien
2. Der Krieg in Bosnien und Herzegowina
Die Zerfallskriege in Jugoslawien begannen 1991 mit der Unabhängigkeitserklärung Sloveniens. In den folgenden 10 Jahren Krieg wurden 300.000 Menschen getötet und Millionen aus ihrer Heimat vertrieben. Der Krieg gliedert sich in verschiedene Abschnitte und Auseinandersetzungen der ehemaligen Teilrepubliken. Dabei standen sich jedoch immer die Ethnien als Kriegsparteien gegenüber und versuchten Gebiete für die eigene Bevölkerungsgruppe zu erobern.
Aufgrund der ethnischen Vielfalt wurde der Krieg in Bosnien und Herzegowina besonders grausam geführt. Vor dem Krieg hatten hier katholische Kroaten, christlich-orthodoxe Serben und muslimische Bosniaken gemeinsam gelebt. Als sich die Republik Bosnien und Herzegowina 1992 für unabhängig erklärt erkannten die bosnischen Kroaten und bosnischen Serben diesen nicht an. Unterstützt von Kroatien und Serbien gründeten sie stattdessen die Kroatische Republik Herceg-Bosna und die Republika Srpska. Diese drei Kriegsparteien kämpften in wechselnden Bündnissen um das zuvor gemeinsam bewohnte Land.
Darstellung
Was ist eine Ethnie?
Darstellung
Was ist eine Ethnie?
Die Zuordnung zu einer Ethnie war ein wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Alltags. Deswegen wird in dem Kapitel immer wieder Bezug auf ethnische Gruppen genommen. Dabei entsteht der Eindruck, dass es sich um 'natürliche' und eindeutige voneinander unterscheidbare Gruppen handelt. Jedoch sind Ethnien ähnlich wie der Nationalismus ein Konzept. Auf der Grundlage bestimmter Merkmale wie der Herkunft, Religion oder Kultur, ordnen sich Menschen bestimmten Gruppen und Identitäten zu.
Viele Menschen in Jugoslawien wuchsen jedoch in Familien auf, die sich aus verschiedenen Ethnien zusammensetzten. Welcher Ethnie sollten deren Kinder zugeordnet werden? Gibt es überhaupt diese klaren Trennlinien zwischen den Ethnien?
Aufgabe
Zuordnung der Konfliktparteien
Aufgabe
Zuordnung der Konfliktparteien
Die Belagerung von Sarajevo
Die bosnische Hauptstadt Sarajevo, ein Symbol der ethnischen Vielfalt Jugoslawiens, war besonders umkämpft. Unter der fast 4 jährigen Belagerung durch bosnisch-serbischen Streitkräften litt vor allem die Zivilbevölkerung. Nahrungsmittel und Heizungsmaterial konnten nur über Schmuggelrouten und den von der UN kontrollierten Flughafen in die Stadt gelangen. Zudem standen sie ständig unter dem willkürlichen Beschuss durch Sniper und Granaten. Um zu überleben bauten die Bewohner und Bewohnerin Gemüse in Gärten an, kochten und heizten mit improvisierten Öfen und legten Gräben zur Fortbewegung an.
Merkkasten
Die UN Mission in Sarajevo
Merkkasten
Die UN Mission in Sarajevo
Die Einheiten der Vereinten Nationen (UN) versuchten über einen Stützpunkt am Flughafen die eingekesselte Stadt mit lebenswichtigen Gütern zu versorgen. Des Weiteren versuchten sie durch ihre Präsenz in der Stadt die humanitäre Lage zu verbessern. Jedoch konnte durch die UN Mission weder der bosnisch-serbische Beschuss noch deren Blockade verhindert werden.
Die Aufnahmen brutaler Anschläge auf die Zivilbevölkerung erschütterten immer wieder westliche Medien. Der Einschlag einer Granate auf einem Markt in Sarajevo 1995 führte letztendlich zum Eingreifen der NATO. Erst deren Kampfhandlungen führten zum Ende der Belagerung.
Galerie: Krieg wird zum Alltag
Darstellung
Kinder im belagerten Sarajevo
Darstellung
Kinder im belagerten Sarajevo
Galerie: Kinder im Krieg
Vor allem Kinder wurden während des Krieges oft zu den Leidtragenden. Eine unbeschwerte Kindheit war kaum möglich. In Sarajevo musste aufgrund von Granatenbeschuss der Schulunterricht in ungeheizten Treppenhäusern oder Kellern stattfinden. Sobald sie draußen Spielplätze aufsuchten, liefen sie immer wieder Gefahr das Ziel von Scharfschützen zu werden. Dazu kam die schwierige Versorgung mit lebenswichtigen Gütern. Fast 4% der Opfer während des Krieges in Bosnien und Herzegowina waren Kinder.
Flucht und Vertreibung
Die ethnische Abgrenzung war die Grundlage des Krieges in Bosnien und Herzegowina. Das Gefühl, dass ein Leben mit anderen Ethnien nicht mehr möglich war, wurde im Krieg brutal angewendet. Auf Worte folgten nun Taten! Flucht und Vertreibung waren keine Begleiterscheinung, sondern ein erklärtes Kriegsziel. Während des Krieges wurde rund die Hälfte der bosnischen Bevölkerung vertrieben. Bereits ein Jahr nach dem Ausbruch des Krieges waren 2,7 Millionen Bosnierinnen und Bosnier aus ihrer Heimat geflohen.
Neben vielen Binnenflüchtlingen suchten ca. 700.000 Menschen Zuflucht und Schutz im europäischen Ausland. Allein in Deutschland befanden sich zwischenzeitlich 350.000 bosnische Kriegsflüchtlinge. In kleineren Ländern wie Österreich, Italien und Schweden waren es 50.000. Die meisten dieser Kriegsflüchtlinge mussten nach dem offiziellen Ende des Krieges wieder nach Bosnien und Herzegowina zurückkehren, da ihre Aufenthaltsgenehmigungen nicht verlängert wurden. Jedoch konnten nur wenige in ihre alte Heimar zurückkehren. Es wird geschätzt das mindestens 1 Millionen Menschen durch den Krieg entwurzelt wurden.
Galerie: Flucht und Vertreibung
'Ethnische Säuberung'
Die im Krieg vorgenommenen Vertreibungen fanden nicht willkürlich statt, sondern aufgrund ethnischer Zugehörigkeit. Militärische Einheiten, die eine bestimmte Ethnie repräsentierten, versuchten Landesteile nach der Eroberung von anderen Ethnien zu 'säubern'. Dabei kam es zur Zerstörung von Eigentum, Plünderung, massenhaften Vergewaltigungen, der gezielten Tötung von ZivilistInnen oder der gewaltsamen Umsiedlung. Die 'ethnischen Säuberung' lassen beispielsweise in den östlichen Landesteilen Bosnien und Herzegowinas beobachten. Die bosnisch-serbischen Truppen versuchten dort während des Krieges die von ihnen eroberten Gebiet von muslimischen Bosniaken zu 'säubern'. Diese suchten daher Schutz in vom bosnischen Staat kontrollierten Gebieten und den Schutzzonen der UN.
Auch Angehörige der bosnisch-serbischen Bevölkerung wurden vertrieben. Nachdem kroatische Truppen das Gebiet der Krajina eroberten, wurden 100.000 Serben vertrieben. Jedoch muss festgehalten werden, dass der übergroße Teil der 'ethnischen Säuberung' und schweren Kriegsverbrechen von bosnisch-serbischen Truppen begangen wurde.
Methodenhinweis
Was zeigen die folgenden Karten?
Methodenhinweis
Was zeigen die folgenden Karten?
Die Karten machen das Ausmaß der 'ethnischen Säuberungen' deutlich. Während vor dem Kriegsausbruch die verschiedenen Ethnien in vielen Landesteilen zusammen gelebt hatten, waren die Ethnien nach dem Krieg auf verschiedene Gebiete aufgeteilt. Der im Krieg vorgenommene Bevölkerungsaustausch blieb auch in der Folge bestehen, da nur wenige Menschen nach dem Krieg in ihre Heimat zurückkehren konnten. Die Karten machen diese bis heute spürbare Segregation der Ethnien sichtbar.
Aufgabe
Folgen der 'ethnischen Säuberungen'
Aufgabe
Folgen der 'ethnischen Säuberungen'
Die Mission der United Nations
Nachdem internationale Vermittlungsversuche scheiterten, entschied sich der UN-Sicherheitsrat 1992 eine Friedenstruppe nach Bosnien und Herzegowina zu entsenden. Die United Nations Protection Force (UNPROFOR) sollte zunächst nur den Konflikt beobachten. Als sich die Kämpfe nach Bosnien und Herzegowina verlagerten, änderte sich diese Auffassung. Zur Aufrechterhaltung der humanitären Grundlage wurden Schutzzonen für Binnenflüchtlinge eingerichtet. Trotzdem erhielten die UN-Soldaten weder ein Mandat des UN-Sicherheitsrats, noch die Ausrüstung für Kampfhandlungen. Eine wirksame Verteidigung der Schutzzonen war somit kaum möglich. Als bosnisch-serbische Truppen die Schutzzone Srebrenica einnahmen konnten die UN-Soldaten keine Gegenwehr leisten. Deren Anwesenheit konnte den Genozid an der bosniakischen Bevölkerung nicht verhindern.
Galerie: UN-Soldaten in Sarajevo
Der Genozid in Srebrenica
Darstellung
Woher kommt der Begriff Genozid?
Darstellung
Woher kommt der Begriff Genozid?
Der Begriff Genozid, im deutschen auch als Völkermord bezeichnet, stammt aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Auch wenn bei den Nürnberger Prozessen, niemand wegen Genozid angeklagt wurde, etablierte sich der Begriff als Beschreibung für die planmäßige Ermordung der europäischen Juden und anderer Bevölkerungsgruppen im Nationalsozialismus.
Aufgrund des Kalten Krieges und dem Fehlen einer gemeinsamen Rechtsordnung konnten begangene Genozide nicht geahndet werden. Erst nach dem Ende des Kalten Krieges wurden die Nürnberger Prinzipien wieder wichtig. Zunächst wurde versucht mit Ad-hoc-Strafgerichtshöfen Kriegsverbrechen aufzuklären und Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen. Auch die Kriegsverbrechen im Jugoslawienkrieg wurden vor einem solchen Ad-hoc-Strafgerichtshof verhandelt - dem Internationalen Straftribunal für Ex-Jugoslawien (ICTY). Dieses befand 2007, dass es sich bei dem Massaker in Srebrenica um den Tatbestand eines Genozides handelt.
2002 wurde im Zuge des römischen Statuts der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag eingerichtet, der die Aufgaben der Ad-hoc-Strafgerichtshöfe übernimmt. Heute beschreibt der Begriff die gezielte Verfolgung von Bevölkerungsgruppen aufgrund ihrer Religion, Sprache, Kultur oder Tradition. Andere Beispiele für Genozide, sind die Vernichtung der Herero und Nama durch deutsche Kolonialtruppen 1904-1908 oder der Völkermord an den Tutsi in Ruanda 1994.
Exkurs: Von den Nürnberger Prozessen bis zum gegenwärtigen Völkerrecht.
Der folgende Podcast befasst sich mit der Entwicklung des Völkerrechts von den Nürnberger Prozessen bis zur Gegenwart. Dabei spielen auch die Ereignisse in Jugoslawien eine wichtige Rolle.
Aufgrund zunehmender Kämpfe im Osten Bosnien und Herzegowinas erklärte die UN 1993 die Stadt Srebrenica zur Schutzzone. Die bosnisch-serbischen Truppen eroberten in Folge umliegende Gebiete zu vollzogen dort 'ethnische Säuberungen'. Die schutzsuchenden Bosniaken flüchteten in die Schutzzone der UN. In Srebrenica befanden sich in der Folge 42.000 Menschen, davon 36.000 Flüchtlinge aus umliegenden Gebieten. Durch das Vordringen bosnisch-serbischer Truppen spitze sich die humanitäre Lage immer weiter zu. Die 350 anwesenden niederländischen UN-Soldaten waren nicht für eine militärische Verteidigung der Schutzzone ausgerüstete. Sie leisteten keine Gegenwehr als Srebrenica am 11. Juli 1995 von bosnisch-serbischen Truppen eingenommen wurde.
In Srebrenica brach Panik aus. 25.000 Menschen versuchten durch den Wald zu fliehen und wurden dabei von bosnisch-serbischen Truppen verfolgt und beschossen. In der Stadt verbliebene muslimische Jungen und Männer wurden von ihren Familien getrennt. Ca. 8000 von ihnen wurden daraufhin in einer Lagerhalle getötet. Der Internationale Gerichtshof erkannte dieses Massaker 2007 als Genozid an. Es gilt als das schlimmste Kriegsverbrechen in Europa nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Unter anderem der General der bosnisch-serbischen Truppen Ratko Mladić wurde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. Auch dem niederländischen Staat wurde von einem Zivilgericht in Den Haag ebenfalls eine Mitschuld am Tod von 300 Opfern zugesprochen.
Darstellung
Die Rolle des Westens
Darstellung
Die Rolle des Westens
Der Krieg in Bosnien und Herzegowina löste eine Krise der UN-Friedensmissionen aus. Vor allem die Ereignisse in Srebrenica, bei denen UN-Soldaten dem Genozid nur zuschauen und diesen nicht verhindern konnten, warf die Frage nach militärischer Durchsetzungsfähigkeit auf.
Seitdem werden Friedensmissionen auch mit militärischen Mandaten ausgestattet. Während des militärischen Konflikts im Kosovo 1999 griffen NATO-Truppen deutlich schneller und intensiver in das Kriegsgeschehen ein. Dieses Eingriffen warf wiederum neue Fragen auf. War diese Art von Eingriff gerechtfertigt und angemessen? Welche Rolle kann und sollte die Internationale Gemeinschaft und westliche Militärbündnisse wie die NATO bei der Verhinderung humanitärer Katastrophen spielen? Wie können Genozide in Zukunft verhindert werden?
Wie hat Srebrenica die deutsche Politik verändert?
Aufgabe
Srebrenica
Aufgabe
Srebrenica
3. Der Vertrag von Dayton
Nach 3,5 Jahren Krieg und ca. 100.000 Opfern wurde unter Vermittlung der USA und der Europäischen Union am 21. November 1995 in Dayton (Ohio) ein Friedensvertrag zwischen Bosnien und Herzegowina, Serbien und Kroatien geschlossen. Darin wurde Bosnien und Herzegowina als unabhängiger Staat in seinen Grenzen anerkannt und die Konfliktparteien einigten sich auf den Aufbau eines gemeinsamen Staatsapparates. Grundlegend setzte sich dieser aus zwei Entitäten zusammen: die mehrheitlich von bosnischen Kroaten und Bosniaken bewohnte Föderation von Bosnien-Herzegowina und die mehrheitlich serbische Republika Srpska.
Darstellung
Was wurde in Dayton erreicht?
Darstellung
Was wurde in Dayton erreicht?
Der Vertrag garantierte allen vertriebenen Menschen die Rückkehr in ihre Heimat. Jedoch blieben Gegensätze und Anfeindungen zwischen den Ethnien erhalten, was viele Menschen von einer Rückkehr in ihre alte Heimat abhielt. Somit wurden mit der Bildung der Entitäten die 'ethnischen Säuberungen' des Krieges indirekt anerkannt. Diese andauernde Spaltung anhand ethnischer Gegensätze blockiert das politische System. Immer wieder kommt es zu politischen Spannung, Blockaden, oder Androhungen der Abspaltung.
Deutlich wird diese gesellschaftliche Spaltung bei der Aufarbeitung der Kriegserfahrungen. Die Stadt Srebrenica liegt im heutigen Gebiet der Republika Srpska. Und auch wenn sich dort nun eine Gedenkstätte befindet, erkennt die politische Führung der Republika Srpska das dort begangene Massaker offiziell nicht als Genozid an.
Quelle
Tagesschaubeitrag 1995
Quelle
Tagesschaubeitrag 1995
Aufgabe
Resultat des Dayton Vertrags
Aufgabe
Resultat des Dayton Vertrags
Schaue dir den Tagesschau Beitrag von 1995 an.
1. Nenne die wichtigsten Folgen des Friedensabkommens von Dayton.
2. Bewerte das Friedensabkommen von Dayton. Wurde dadurch eine stabile Friedensordnung erzeugt?
3. Findet euch in kleinen Gruppen zusammen und diskutiert die folgende Frage: "Warum ist das das Dayton-Abkommen bis heute wichtig?"
4. Sarajevo - eine gespaltene Stadt?
Auch in der Hauptstadt Sarajevo zeigt sich die Spaltung der bosnischen Gesellschaft. Während der Großteil von Sarajevo zum Gebiet der Föderation Bosnien und Herzegowina gehört, liegt ein südlicher Stadtteil in der Republika Srpska. Im Alltag bedeutet das unterschiedliche Produkte in den Supermärkten, fehlender Nahverkehr zwischen den Stadtteilen und unterschiedliche Flaggen - die offizielle Flagge Bosnien-Herzegowinas im Gebiet der Föderation und die Entitätsflagge im Stadtteil der Republika Srpska. Aus den alten Frontverläufen sind heute unsichtbare Grenzen geworden.
Mit dem Dayton Abkommen wurde eine Friedensordnung geschaffen, in der die Gegensätze zwischen den Ethnien nicht überwunden werden konnten. Dennoch bleibt Sarajevo eine lebendige und vielfältige Stadt in der sich Menschen für eine gemeinsame Zukunft, jenseits ethnischer Konflikte, einsetzten.
Darstellung
Das Historische Museum Bosnien und Herzegowina
Darstellung
Das Historische Museum Bosnien und Herzegowina
In Sarajevo, der im Krieg fast 4 Jahre belagerten Hauptstadt Bosnien-Herzegowinas, sind die Folgen des Krieges bis heute spürbar. Auch wenn die Frontverläufe und Panzer aus der Stadt verschwunden sind, verlaufen dort bis heute unsichtbare Grenzen. Diese ziehen sich auch durch die gesamtstaatlichen Institutionen. Das Historische Museum Bosnien und Herzegowina versucht mit seinen Ausstellungen einen Dialog zwischen den Ethnien zu fördern. Diese Aussöhnung wird jedoch teilweise von den Regierungsparteien abgelehnt, da die ethnische Zugehörigkeit nach wie vor die Grundlage ihrer politischen Macht bildet. Dementsprechend lehnen diese auch die Finanzierung gemeinsamer Institutionen wie des historischen Museums ab. Diese andauernden Konflikte, wirtschaftliche Probleme und die scheinbare Ausweglosigkeit des politischen Systems bewegen vor allem junge Menschen das Land zu verlassen.
§
© Mirko Drotschmann
https://www.youtube.com/watch?v=89jYKquWSOs
5. Zusammenfassung: “ethnische Säuberungen” während der Balkankriege in den 1990er Jahren
Aufgabe
Und jetzt?
Aufgabe
Und jetzt?
Bereits im Jahr 2000 wurde Bosnien und Herzegowina von der Europäischen Union als potenzieller Beitrittskandidat eingestuft. Erst 2016 erfolgte dann der offizielle Beitrittsantrag. Jedoch ist seitdem nicht viel passiert.
Was bewegt gegenwärtig den Alltag in Sarajevo? Und wie könnte die Zukunft von Bosnien und Herzegowina aussehen?
Schaue dir dafür das Porträt von Norah Bianculli. Versuche auch das Wissen aus den vorherigen Kapiteln einzubringen.